Marina Leuschel
Petschatnikowgasse 3
Moskauer Familienbiografie aus der Stalin-Ära

Aus dem Russischen: Bernd Leuschel
144 Seiten, Klappenbroschur
ISBN  978-3-931801-69-4


Leseprobe:
Leseprobe

Preis:
16,80 EUR / 28,80 SFr
 Bestellen über

“Wir müssen uns über Europas Diktaturen klar verständigen!” Mit diesem Anspruch legt die gebürtige Moskauerin Marina Leuschel ihre Familienbiografie aus der Stalin-Ära vor. “Schicksale widerspiegeln eine Epoche womöglich wahrheitsgetreuer und umfassender als historische Forschungen, setzt sich doch die Geschichte jedes Landes, jedes Staates aus unseren Leben, unseren persönlichen Geschichten zusammen“, heißt es im Vorwort zu dem zuerst in Deutschland erscheinenden Buch.

3. Oktober 1937, Wladiwostok: Die NKWD-Staatssicherheit holt Konstantin Timofejewitsch Metjolkin ab. Für den Nachwuchswissenschaftler, Jahrgang 1905, an der Akademie der Wissenschaften der UdSSR beginnt eine eineinhalb Jahrzehnte lange Odyssee durch Lager und Verbannungsorte. Jekaterina Michajlowna und die Kinder bleiben zurück in der Moskauer Petschatnikowgasse.

Die Briefe von Konstantin Timofejewitsch an Jekaterina Michajlowna lassen Marina Leuschel keine Ruhe. Sie recherchiert. Das ergibt nicht die Panoramaansicht einer Diktatur, sondern eröffnet die Brennglasperspektive auf das Er-zeugen von Leiden als Herrschaftsprinzip, auf die grauenhafte Unersetzlichkeit des Feindbildes für eine auf Zwang gründende Ideologie.

Leuschel entzieht der aus Europas Teilungszeiten  überkommenen Beliebigkeit der Auseinandersetzung mit dem Stalinismus den Boden. Sie bietet Zugang zur russischen Gesellschaft vor und nach der Oktoberrevolution 1917. Sie benennt Akteure bis zur Arbeitsebene. Überdies lässt sie teilhaben an einer Liebe, die für die „Ingenieure der Seele“ unerreichbar bleibt.

Die authentische Nähe der Schicksalsschilderung beruht nicht nur auf der Reichhaltigkeit der persönlichen und amtlichen Dokumente, sondern auf der Innensicht. Jekaterina Michajlowna hatte ihr lange beschwiegenes Konvolut der Enkelin Marina Leuschel mit den Worten überlassen: „Niemand außer dir wird das brauchen.“


 zurück




drucken drucken